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Die historische Entwicklung des Wasserspringens

Die Anfänge des Wasserspringens reichen bis ins achte Jahrhundert vor Christus. Aus dem zu der Zeit entstandenen Epos "Odyssee" von Homer erfahren wir, dass die Menschen im antiken Griechenland schon Wasserspringen betrieben haben. Jedoch war diese Sportart damals nicht Wettkampf orientiert und auf Grund alter Aufzeichnungen lässt sich vermuten, dass sie meistens von Fischern und Kriegern ausgeübt wurde.
Auch bei den Römern trat das Wasserspringen auf, es war ein fester Bestandteil der römischen Militärausbildung. Die Germanen waren bei ihnen sehr gefürchtet, weil sie sehr mutige Wasserspringer und gute Schwimmer sein mussten. Dies geht aus einem Mythos hervor, welcher besagt, dass die Germanen ins Wasser sprangen und die Boote ihrer Feinde samt Besatzung unter die Wasseroberfläche zogen.
In der folgenden Zeit wurde fast nichts über das Wasserspringen überliefert, da es im Mittelalter aus moralischen Gründen verpönt war. Im Jahre 1538 schrieb aber der Pädagoge Nicolaus Wynman aus Ingolstadt eine Diskussion auf lateinischer Sprache, die Columbetes, über die Schwimmkunst in Augsburg, bei der er die Thematik des Wasserspringens erläuterte. Im gleichen Jahrhundert wurden die ersten Aktivitäten des Freude betonten Wasserspringens nachgewiesen. Revolutionär für diesen Sport war die Begeisterung der Halloren (Arbeiter in Salzgewinnungsanlagen (Salinen) in Halle/Saale), mit der sie die Künste dieses Sports als Brauch an die folgenden Generationen weitergaben. Der Dramatiker Ludwig Fulda berichtet, es sei nicht leicht einen Halloren Jungen zu finden, der nicht im Alter von sechs oder sieben Jahren von einer Brücke springt und nicht sehr gut schwimmen kann. Daher ließ sich der preußische König, Friedrich Wilhelm I., 1728 von den Halloren ihre Sprungkünste vorführen. Deshalb veranlasste er eine Schulung der Fischer und Schiffer durch diese im Bereich des Schwimmens. Die erste Definition des Wasserspringens stammt aus dem Jahre 1798 von Johann Christoph Friedrich Guts Muths:
,,Das Herabspringen von ansehnlichen Höhen ins Wasser sollte gleichfalls von jungen Leuten geübt werden, wenn sie schon fertige Schwimmer sind, weil es in sehr vielen Fällen sehr nützlich werden kann. Es ist dabei durchaus nötig, klein anzufangen, sich nicht auf den Bauch zu werfen, und im Falle, dass man mit dem Kopfe zuerst ins Wasser schießt, mit der Hand die Stirn zu bedecken, damit die Gegenwirkung des Wassers unschädlich werde. Auch werden dabei am sichersten die Füße zusammengeschlossen gehalten."
1840 wurde der erste Verein zur Förderung des Wasserspringens gegründet. Das geschah durch die Halloren Tichy und Lutz in Berlin. Der Name dieses Vereins war "Tichysche Frösche". Zwischen 1840 und 1845 traten viele schwimmfreudige Männer diesem Verein bei, unter ihnen auch H. O. Kluge und K. Euler. Kluge erweiterte eine 1833 herausgegebene Liste von 50 auf 89 Sprünge, welche "Schwimm- und Sprunggymnastik" genannt wurde. In ihr enthalten waren 53 Sprünge aus dem Stand, 22 mit Anlauf und 14 Paarsprünge. Diese waren wieder in unterschiedliche Ausführungen unterteilt. Nach der Auflösung des Vereins 1845 versuchten Kluge und Euler das Wasserspringen im Sinne eines Turnens in der Luft weiterzuentwickeln. Da sich das Turnen in diesem Jahrhundert stark weiterentwickelte und sehr viele Badeanstalten erbaut wurden, erlebte die Sportart einen großen Aufschwung.
Obwohl schon frühere Wertungstabellen existierten, weiß man, dass das Wasserspringen erst um 1880 Wettkampf orientiert betrieben wurde. Nach der Gründung des Deutschen Schwimmverbandes, 1886, veranstaltete man die ersten Meisterschaften im Kunstspringen und Turmspringen. Neun Jahre später fanden die ersten Europameisterschaften in Wien statt. Da man mitten in der Entwicklung dieser Sportart stand, änderten sich häufig die Wettkampfbestimmungen. Im Jahre 1890 wurde eine Sprungtabelle, welche in verschiedene Schwierigkeitsgrade aufgeteilt war, zum Zwecke eines Maßstabs herausgegeben. 1896 war das Wasserspringen in einem Mehrkampf enthalten, der aus Teildisziplinen des Schwimmens, Tauchens und Springens bestand. Es folgte auf die erste Weltmeisterschaft, 1899 in Schweden, die Aufnahme in das olympische Programm (1904), was den Durchbruch der Sportart bedeutete. Bis dahin dominierte Deutschland im Kunstspringen und Schweden im Turmspringen. Demnach ging auch das Ergebnis der Olympischen Spiele in St. Louis (1904) hervor: Die Deutschen Georg Hofmann und Alfred Braunschweiger erkämpften Silber und Bronze hinter dem Amerikaner Sheldom. Es nahmen ausschließlich Männer an den Spielen teil und kämpften um den Titel im 3m-Brett-Wettbewerb. 1921 fand der erste Wettkampf (Deutsche Meisterschaft) mit weiblicher Teilnahme statt, jedoch auch nur im Kunstspringen. Die ersten Meisterschaften im Turmspringen waren in den Jahren 1925 (Männer) und 1933 (Frauen).
Seit 1920 wurden die amerikanischen Springer immer besser, da sie die deutsche Schule des Kunstspringens mit der schwedischen Schule des Turmspringens kombinierten. So setzten sie den Grundstein für eine einheitliche Auffassung des Sprungstils.
Es gab in der folgenden Zeit eine Unterbrechung in der Geschichte des Wasserspringens, hervorgerufen durch den zweiten Weltkrieg im Jahre 1945.
Die Sportart kam dadurch glücklicherweise nicht zum Erliegen, sondern wurde unmittelbar nach Kriegsende wieder uneingeschränkt ausgeführt.

Erläuterung zum Verständnis des Textes:
Das Wasserspringen fasst das Kunstspringen und das Turmspringen in einem Überbegriff zusammen. Kunstspringen umfasst die Ausführungen von einem federnden 1m- oder 3m-Brett und das Turmspringen bedeutet, dass der Sprung von einer starren Plattform aus 5m, 7½m oder 10m Höhe vollzogen wird.

Autor: Rainer Hoffmann (2000)